Wir sind alle davon betroffen – aber niemand spricht darüber
- Corinne Suter
- 23. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Einleitung zur Blog-Serie über Gefühle, Körper und innere Wahrheit
Es gibt Gefühle, die wir fast alle kennen – aber kaum jemand spricht offen über sie. Scham. Angst. Wut. Ohnmacht. Sie tauchen auf in stillen Momenten, in Konflikten, in der Nacht. Sie leben in unseren Gedanken, in unserem Atem, in unserem Körper. Und oft tragen wir sie lange mit uns herum – ohne wirklich zu wissen, wie sehr sie unser Leben beeinflussen.
In meiner Arbeit in der Praxis begegne ich diesen Gefühlen täglich. Nicht immer werden sie benannt – aber sie zeigen sich. In Verspannungen. In rastlosen Gedanken. In einem Blick, einem Seufzer, einem zögerlichen Satz: „Ich weiß auch nicht, warum ich gerade so reagiere.“ Doch unser Körper weiß es. Er erinnert sich.Und er spricht – wenn wir bereit sind, zuzuhören.
Mit dieser Blog-Serie möchte ich einen Raum schaffen.Einen Raum für das, was oft im Verborgenen liegt – aber uns alle betrifft. Ich möchte dir zeigen, wie Gefühle wirken, wie sie sich im Alltag und im Körper zeigen können, und was sich verändert, wenn wir beginnen, sie ernst zu nehmen.
Nicht mit Schuld oder Schwere. Sondern mit Mitgefühl. Mit Bodenhaftung. Und mit dem Wissen: Du bist nicht allein.
Denn wenn wir uns unseren Gefühlen ehrlich und achtsam zuwenden, passiert etwas Wundervolles: Wir beginnen, uns selbst besser zu verstehen. Wir merken, was uns gut tut – und was nicht. Wir entwickeln innere Werkzeuge, die uns helfen, auch in stürmischen Zeiten bei uns zu bleiben. Wir lernen, dass Angst nicht unser Feind ist – sondern ein Signal. Wir werden resilienter, kraftvoller, verbundener. Nicht, weil die Gefühle verschwinden. Sondern weil wir lernen, mit ihnen zu leben – statt gegen sie zu kämpfen.
Diese Reise durch unsere inneren Welten soll dich berühren, zum Nachdenken bringen – und dir vielleicht helfen, dich selbst ein Stück besser zu verstehen. Ich nehme dich mit in echte Geschichten, in alltägliche Szenen, in meine eigene Praxis – dorthin, wo das Unsichtbare langsam sichtbar wird. Und ich zeige dir, was passiert, wenn wir beginnen, den Gefühlen zuzuhören, anstatt sie zu verdrängen.
Denn eines weiß ich inzwischen ganz sicher: Gefühle wollen nicht „weg“. Sie wollen uns etwas sagen. Und wenn wir bereit sind hinzuhören, können sie zu Wegweisern werden.
Scham – die stille Kraft, die uns klein macht
Wir sind alle davon betroffen – aber niemand spricht darüber
Scham ist ein Gefühl, das leise kommt – und laut wirkt. Sie schleicht sich ein, wenn wir das Gefühl haben, nicht zu genügen. Wenn wir denken, wir seien „zu viel“ oder „nicht richtig“. Wenn wir etwas sagen oder tun – und plötzlich den Impuls haben, uns zu verstecken.
Scham ist zutiefst menschlich und trotzdem sprechen wir kaum über sie.
In meiner Praxis begegnet mir Scham oft zwischen den Zeilen. Zum Beispiel, wenn eine Mutter sich dafür rechtfertigt, dass sie „nicht genug Geduld“ mit ihrem Kind hatte. Oder wenn jemand fast flüstert: „Ich weiß gar nicht, warum mich das so triggert … es ist doch eigentlich nichts. “Scham drückt sich nicht nur in Worten aus – sondern im ganzen Körper: Ein gesenkter Blick. Ein eingesunkener Brustkorb. Eine Stimme, die leiser wird.
Manchmal ist Scham so tief verwurzelt, dass wir gar nicht merken, wie oft sie uns daran hindert, uns selbst treu zu bleiben.Und genau deshalb lohnt es sich, ihr Raum zu geben.
Was passiert, wenn wir Scham nicht anschauen?
Scham ist wie ein innerer Wächter, der uns vor Ablehnung schützen will – doch manchmal schränkt er uns mehr ein, als dass er uns schützt. Wenn wir sie verdrängen, sucht sie sich andere Wege: Sie kann sich im Körper zeigen – als Anspannung im Kiefer, Druck auf der Brust oder inneres Zusammenziehen.Oder sie verwandelt sich in Vermeidungsstrategien: Überanpassung, Rückzug, ständiges Hinterfragen.
Doch wenn wir beginnen, Scham zu erkennen – ohne sie zu bewerten – entsteht ein neuer Raum: Ein Raum, in dem wir uns selbst mit mehr Mitgefühl begegnen. Ein Raum, in dem wir unsere Wahrheit wieder spüren und mit der Zeit entwickeln wir Wege, in solchen Momenten liebevoll bei uns zu bleiben.
Mini-Tool zum Mitnehmen: „Der Blick zurück zu mir“
Eine sanfte Übung zur Entladung von Schamgefühlen
Such dir einen ruhigen Moment. Setz dich bequem hin und leg eine Hand auf dein Herz.
Atme drei Mal tief durch die Nase ein – und langsam durch den Mund aus.
Ruf dir innerlich eine Situation ins Gedächtnis, in der du dich geschämt hast. Nicht, um sie zu bewerten – nur um zu spüren.
Sprich innerlich oder leise:
„Ich bin nicht falsch. Ich bin auf meinem Weg. Ich bin da für mich.“
Bleib noch einen Moment in dieser Haltung – spür nach, was dein Körper macht, ganz ohne etwas verändern zu müssen.
Atme zum Abschluss noch einmal tief ein – und aus. Öffne langsam die Augen.
Du kannst diese Übung immer dann machen, wenn du merkst, dass du dich innerlich zurückziehst. Sie ist wie eine Hand, die du dir selbst reichen kannst.
Reflexionsimpuls:
Wann hast du dich das letzte Mal geschämt – und wie hat dein Körper darauf reagiert?
Wenn du spürst, dass dich dieses Thema bewegt: In meiner Praxis begleite ich Menschen dabei, genau solche Gefühle liebevoll anzuschauen und Wege zu finden, wieder in die eigene Kraft zu kommen. Denn Scham muss nicht der Endpunkt sein – sie kann der Anfang einer neuen Verbindung zu dir selbst sein.
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