Wenn Kinder sich verweigern – und warum das ein gutes Zeichen ist
- Corinne Suter
- 14. Okt.
- 5 Min. Lesezeit

Immer öfter höre ich von Eltern, dass ihre Kinder oder Jugendlichen nicht mehr in die Schule gehen wollen, eine Lehre abbrechen oder einfach „nicht mehr mitmachen“.Im ersten Moment löst das oft Angst und Hilflosigkeit aus – weil das Umfeld schnell urteilt:
„Diese Kinder sind faul.“„Die Generation Z ist nicht belastbar.“„Früher hätten wir uns sowas nie erlaubt.“
Doch was, wenn genau diese Kinder uns etwas zeigen wollen?Was, wenn ihre Verweigerung nicht Schwäche ist, sondern ein Ausdruck von Gesundheit?
Die Kinder, die sich nicht mehr anpassen wollen
Wir Erwachsenen haben gelernt, uns anzupassen.Wir funktionieren. Wir unterdrücken, was sich falsch anfühlt, um Erwartungen zu erfüllen.Aber die neue Generation macht das nicht mehr – und das ist ihr Geschenk an uns.
Diese Kinder und Jugendlichen spüren intuitiv, wenn etwas nicht stimmt.Wenn Strukturen sie klein machen.Wenn ein System mehr Leistung als Menschlichkeit verlangt.Und sie sagen: „Nein, das mache ich nicht mehr mit.“
Das ist unbequem – für Eltern, für Lehrpersonen, für Betriebe.Aber es ist auch eine Einladung: hinzuschauen, was sich verändern darf.
Die Generation, die gelernt hat, sich anzupassen
Viele von uns gehören zu einer Generation, die früh gelernt hat, dass Anpassung Sicherheit bedeutet.Wir haben uns eingefügt, um gemocht zu werden, um Ärger zu vermeiden, um dazuzugehören.Wir haben gelernt, zu funktionieren – selbst dann, wenn etwas in uns „Nein“ geschrien hat.
Doch was ist die Folge dieser dauerhaften Selbstverleugnung?Oft sind es leise Symptome, die wir normal nennen:
chronische Erschöpfung
Schlafprobleme
Verspannungen
das Gefühl, ständig zu funktionieren, aber nicht wirklich zu leben
Viele tragen heute eine innere Leere in sich, weil sie nie gelernt haben, ihre eigene Wahrheit zu leben.Sie haben sich angepasst – so lange, bis sie sich selbst kaum noch spüren.
Und genau hier kommen die Kinder ins Spiel:Sie zeigen uns, wohin dieser Weg führt – und dass sie ihn nicht mehr weitergehen wollen.
Das Weichspülprogramm – und was es wirklich braucht
Manche fürchten, dass wir unsere Kinder „verweichlichen“, wenn wir sie ernst nehmen oder ihnen zu viel Raum geben.Doch wahre Stärke entsteht nicht durch Härte, sondern durch Sicherheit.Wenn sich ein Mensch sicher, verstanden und wertgeschätzt fühlt, kommt Ruhe ins System.Dann muss er sich nicht mehr mit Widerstand oder Rückzug schützen.Dann kann Entwicklung ganz natürlich geschehen.
Es geht also nicht darum, alles weichzuspülen –sondern darum, echte Stabilität zu schaffen, die von innen kommt.Wie bei einem Baum: Je tiefer die Wurzeln, desto stärker kann er im Sturm stehen.
Was Google schon verstanden hat
Wenn man nach außen schaut, sieht man, dass große Unternehmen wie Google, Apple oder Patagonia längst verstanden haben, dass Menschen ihr volles Potenzial nur entfalten, wenn sie sich wohl und wertgeschätzt fühlen.Dort werden Räume so gestaltet, dass Arbeit Freude macht – mit Farben, Licht, Pausenräumen, Rückzugszonen und echter Freiheit.Das Ziel: Menschen sollen gerne zur Arbeit kommen, weil sie sich sicher und inspiriert fühlen.
Und das Spannende ist:Diese Haltung zeigt messbare Ergebnisse.Mitarbeitende, die sich wohlfühlen, sind kreativer, seltener krank, bleiben länger im Unternehmen und identifizieren sich stärker mit der gemeinsamen Vision.Sie bringen sich mit eigenen Ideen ein, übernehmen Verantwortung und gehen mit Freude über das Minimum hinaus.
Ich bin überzeugt: Das ist in jedem Betrieb möglich – unabhängig von Größe oder Branche.Denn wo Wertschätzung gelebt wird, entsteht Energie.Und Energie ist immer produktiver als Druck.
Wer ehrlich hinschaut, merkt schnell:Viele Menschen gehen zur Arbeit, um sie hinter sich zu bringen.Aber die, die sich wohlfühlen, kommen, weil sie etwas bewegen wollen.Genau das ist der Unterschied zwischen Überleben und Entfalten.
💬 Aus der Praxis – was bei uns zu Hause funktioniert
Ich selbst arbeite seit über 20 Jahren im pädagogischen und psychologischen Bereich.All das Wissen, das ich in dieser Zeit gesammelt habe, ist nicht nur Theorie – ich lebe es jeden Tag in meiner eigenen Familie.
Ich sehe bei meinen Kindern, wie kraftvoll eine Haltung wirkt, die auf Vertrauen, Eigenverantwortung und Wertschätzung basiert.Ich bestrafe nicht – ich begleite.Ich setze klare Grenzen, aber ich lasse Erfahrungen zu.Wenn eines meiner Kinder die Hausaufgaben vergisst, erinnere ich es ein paar Mal – doch irgendwann lasse ich los.Denn manchmal braucht es genau diese Erfahrung, um Verantwortung wirklich zu spüren.Nicht durch Angst, sondern durch echtes Erleben.
Und das Spannende ist:Es funktioniert.Ich sehe, wie meine Kinder eigenständig, motiviert und voller Lebensfreude wachsen.Sie helfen selbstverständlich mit, treffen eigene Entscheidungen und stehen zu ihren Gefühlen – auch zu den schwierigen.
Im Grunde führe ich meine Familie wie ein kleines Unternehmen:mit Vertrauen, Klarheit und gegenseitigem Respekt.Jeder hat seinen Platz, seine Stärken und seine Verantwortung.Und genau das übertrage ich auch auf meine Arbeit mit Familien und Betrieben –denn ob zu Hause oder im Beruf: Menschen brauchen dasselbe Fundament.
Wertschätzung. Raum. Vertrauen.
Wertschätzung verändert alles
Mein Mann und ich erleben das auch außerhalb der Familie:Wir vermieten rund 20 Wohnungen – und unsere Mieter bleiben oft über viele Jahre oder kommen sogar wieder zurück.Warum?Weil sie sich gesehen fühlen.Wenn etwas nicht funktioniert, gibt es keinen Tadel, sondern ein Gespräch.Wir suchen gemeinsam nach Lösungen.Das schafft Vertrauen, Zugehörigkeit und gegenseitige Dankbarkeit.
Genau das brauchen auch Kinder – in der Schule, im Lehrbetrieb und zu Hause.Kein ständiges Bewerten, sondern echtes Interesse.Ein Klima, in dem sie sich sicher fühlen, Fehler zu machen und zu lernen.
Ein Danke an die Kinder dieser Zeit
Diese Generation zwingt uns, unser Denken zu verändern.Sie zeigt uns, dass Druck, Kontrolle und Angst kein Fundament für Entwicklung sind.Sie erinnert uns daran, dass Wachstum aus Vertrauen entsteht – so wie ein Pflänzchen, das wir hegen und pflegen.
Wenn wir beginnen, zuzuhören, anstatt zu bewerten, entsteht Raum für Neues.Für ein Miteinander, das gesünder, menschlicher und lebendiger ist.
Was wir konkret tun können
Statt zu fragen „Was stimmt nicht mit meinem Kind?“, fragen:
„Was stimmt im System nicht mehr – und was braucht mein Kind wirklich?“
Räume schaffen, in denen Kinder sich ausdrücken dürfen.
Lehrpersonen und Betriebe darin unterstützen, junge Menschen aus ihrem Wesen heraus zu verstehen – z. B. mit Tools wie dem Human Design.
Und vor allem: Wertschätzung leben. Sie ist das Fundament für alles.
Reflektionsfrage für dich
Wann hast du dein Kind das letzte Mal so richtig in seiner Kraft gesehen –und was hat es in diesem Moment gebraucht, um so zu leuchten?
Wie ich Familien und Lehrbetriebe dabei begleite
Vielleicht hast du beim Lesen gespürt: Ja, genau das beobachte ich auch – aber was kann ich konkret tun?
Genau hier setze ich mit meiner Arbeit an. Ich begleite Eltern, Pädagog:innen und Lehrbetriebe dabei, Kinder und Jugendliche besser zu verstehen – nicht über Bewertung, sondern über Bewusstsein. Denn wenn wir wissen, wie ein Mensch innerlich funktioniert, können wir ihn so begleiten, dass er in seiner Kraft bleibt.
Wenn ich dein Interesse wecke, melde dich gerne bei mir und erzähl mir was du auf dem Herzen hast.



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